Ihre letzten Aufzeichnungen
stammen aus Mailand, Bozen und Innsbruck vom 1. bis zum 11. März
1949. Die Jahre zwischen 1945 und 1949 sind für die Kraushaars wie
für die gesamte Bundesrepublik Jahre des Neuanfangs und des Aufbaus.
Elisabeth und Alfred Kraushaar beendeten ihr Medizinstudium und befinden
sich auf der Suche nach einem neuen geistigen und beruflichen Standort.
Mit
Alfred Kraushaar teilt die Autorin Elisabeth Kraushaar-Baldauf ihr
Geburtsjahr 1915, mitten im Ersten Weltkrieg. In vielen Erinnerungen
greift sie auf
ihre ersten Jugendjahre im Vintschgau , St. Valentin auf der Haide,
zurück.
Es sind die Jahre und die Herrschaft des Faschismus in Südtirol,
die sich ihr in verschiedenen Erlebnissen eingeprägt haben. Aus
dem Dunstkreis des italienischen Faschismus gelangt Elisabeth Baldauf
in den Bereich und unter die Fahne des deutschen Nationalsozialismus.
Sie kommt nach Berlin, zum Arztehepaar Dr.Hermine Häusler-Edenhuizen
und Dr.Otto Häusler (Frau Dr.Hermine Häusler-Edenhuizen war übrigens
die erste Frauenärztin Deutschlands), holt dort ihr Abitur nach
und nimmt das Medizinstudium auf.
In ihrer ersten Berliner Zeit bereits
lernt sie Alfred Kraushaar (geboren in Berlin im Oktober 1915) kennen,
mit dem sie dann das Medizinstudium teilt. Für eine Frau war das
Medizinstudium in jenen Jahren immer noch ein mutiger und ungewöhnlicher
Schritt. Ungewöhnlich ist auch, mit welcher Klarheit sie zusammen
mit ihrem späteren Mann die Zeit analysiert und auf ihren einfachsten
und erschreckenden Nenner zurückführt. Im ständigen geheimen
Widerstand gegen alles Gewalttätige, Pathetische und Verlogene,
durchlebt sie eine Grenzerfahrung und begibt sich auch in Gefahr.
Zusammen
mit ihrem Mann und mit Gleichgesinnten, den "Weißen
Mäusen", distanziert sie sich von Lüge, Propaganda
und immer wieder versuchter Vereinnahmung durch Partei- und parteinahe
Organisationen. Zu ihrem Bekanntenkreis gehören jüdische Mitbürger
und Freunde.
Die Berichte von "Nimm
das Brot und lauf" sind von großem Hintergrundwert
für das, was sich an tausend beinahe anonymen Stellen in der Zeit
ereignete und dafür, wie zwischen Unten und Oben, zwischen Front
und Heimat die Lage in Deutschland allmählich verfiel und auseinanderbrach.
1966 gelangt das Ehepaar Kraushaar nach Basel. Ihr Mann wird dort später
Prokurist und Vizedirektor der Klinischen Forschung beim Pharmakonzern
Sandoz.
In Basel arbeitet die Autorin zur Zeit die Reflexionen und Erinnerungen
ihrer Wanderzeit auf, denn dreißig mal ist sie in Europa umgezogen,
und versucht sie für eine Publikation vorzubereiten. Sie besitzt
zahlreiche weitere Manuskripte , die z.T. um die Lage der Frau kreisen
(„Eva war es nicht“, z.B., bereits publiziert und vergriffen).
Der häufige Briefschluss "Deine Tirolerin" lässt
erkennen, wie sehr Frau Kraushaar-Baldauf Südtirol und ihrem Vintschgau
zeitlebens verbunden blieb. Es ist daher gerechtfertigt, dass sie mit
ihrer Buchvorstellung in ihre Heimat zurückkehrt.
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