Das Projekt „Erschließung Historischer
Bibliotheken in Südtirol“ (EHB), ein Förderprojekt
der Stiftung Südtiroler Sparkasse, hat mittlerweile über 393.000
Werke erschlossen.
Um diese wertvollen Bestände bekannt zu machen,
gibt Bibliogamma eine Buchreihe heraus, deren vierter Band hiermit vorliegt.
Es handelt sich um die Aufarbeitung der historischen Kapuzinerbibliotheken
von Klausen, Eppan und Schlanders, sowie des Teilbestandes Müstair
in der Schweiz.
Auf 344 Seiten beschreibt der Autor
Rainhard Domanegg die genannten
Buchsammlungen, die in der Provinzbibliothek der Kapuziner in Brixen
als geschlossene Teilbestände aufgestellt sind. Der Band ist
in deutscher und italienischer Sprache verfasst. Nach einem kurzen,
geschichtlichen Überblick über das jeweilige Kloster,
wird die historische Entwicklung der entsprechenden Konventbibliothek
vorgestellt. Daraufhin werden die einzelnen Bestände nach
ausgewählten und teilweise bibliotheksspezifischen Kriterien
beschrieben. In einem dritten Teil folgen statistische Darstellungen
und Auswertungen sowie Übersichten und Datenreihen.
Die Kapuzinerbibliothek Klausen birgt ein umfangreiches Buchgut
in spanischer Sprache, das durch die Stifterin des Klosters, Maria
Anna von Pfalz-Neuburg, Königin von Spanien (1690–1700),
nach Klausen gelangt ist. Durch die Auflösung des Klosters
1971 wurden im jüngeren Buchbestand zahlreiche Werke ausgesondert,
bevor die historische Buchsammlung als geschlossener Teilbestand
in das Kapuzinerkloster Brixen überführt wurde. Da der
Klausner Konvent im Zuge der josephinischen und bayerischen Reformen
nie aufgehoben worden ist, kann der historische Buchbestand bis
1870 als exemplarisch gelten.
Die Klöster Eppan und Schlanders wurden um 1800 aufgelöst,
ihre Bibliotheken scheinen aber die Wirren des Tiroler Freiheitskampfes
und der bayerischen Verwaltung Tirols unbeschadet überdauert
zu haben. Es ist anzunehmen, dass die genannten Bibliotheken weder
veräußert noch auseinandergerissen worden sind. Das
Kapuzinerkloster Schlanders und das Kapuzinerhospiz Müstair sind im 17. Jh. als Bollwerke gegen reformatorische Tendenzen im
Vinschgau und Unterengadin errichtet worden. Dadurch hat das gegenreformatorische
Schrifttum Eingang in die jeweiligen Klosterbibliotheken gefunden.
Wie sehr die geistlichen Brüder am konkreten Alltagsleben
der Menschen teilnahmen, zeigen Werke über Landwirtschaft,
Astronomie, Haushalt, Rechtswesen, sowie Unterrichtsbücher
und Katechesen. Aber auch Bücher über Exorzismen, Dämonenaustreibungen
und Schutz vor bösen Geistern sind in diesen historischen
Buchsammlungen zu finden.
Als die Südtiroler Kapuzinerprovinz aus Mangel an Ordensmitgliedern
die Pfarre und das Hospiz Müstair 2001 aufgaben, verblieb
der Großteil der historischen Bibliothek in Müstair.
Nur ein kleiner, ausgewählter Teilbestand wurde von den Patres
nach Brixen überführt und in der dortigen Provinzbibliothek
untergebracht. Hierbei handelt es sich vor allem um Alte Drucke,
die das historische Alttirol oder den Kapuzinerorden zum Gegenstand
haben.
Wer heute wissen will, nach welchen Kriterien Jahrhunderte lang
von den sehr volksnahen Bettelmönchen gepredigt, gelehrt,
unterrichtet, erzogen und geprüft worden ist, findet in diesen
vielfältigen, z.T. gegenreformatorisch geprägten Ordensbibliotheken
reichlich Literatur.